#OccupyFrankfurt

Gestern war der 15. Oktober 2011. Gestern gingen weltweit Menschen auf die Straßen um gegen das marode und zerfressene Finanz- und Wirtschaftssystem zu demonstrieren. Ihrer Wut und Verzweiflung Ausdruck zu verleihen. Doch weit gefehlt.

Der Demonstrationszug in Frankfurt zog vom Rathenauplatz bis vor die Europäische Zentralbank. Dort gab es eine Kundgebung, die anschließend fließend in #OccupyFrankfurt, der Besetzung der EZB durch ein Zeltlager, überging. Von Wut und Verzweiflung war allerdings den gesamten Tag über nichts zu spüren. Es lag sicherlich Unzufriedenheit, Empörung in der Luft, aber begleitet von dem Willen etwas zu ändern. Aufbruchsstimmung anstelle von Resignation. Es war beflügelnd.

Die wenigen Gespräche die ich an diesem für mich viel zu kurzem Tag führen konnte, offenbarten alle die selbe Message: es muss sich was ändern. Was das ist, und wie, da war man sich noch nicht einig drüber. Aber, und das ist wichtig dies zu verstehen, dies zu erarbeiten ist das erklärte Ziel. Gemeinsam neue Lösungen und Konzepte zu erarbeiten, Aufzuklären und konstruktiv Kritik zu üben. Die Camps Weltweit sind die Think-Tanks der Menschen. Ideen-Schmieden der 99%.

Ich habe vor ein paar Jahren einem Bekannten von mir gesagt, dass ich das Internet für eine der größten Errungenschaften der Menschheit halte. Mit einem enormen Potential für grundlegende Veränderungen auf der Welt. Ein Meilenstein der menschlichen Entwicklung. Wie die Bändigung des Feuers, die Entwicklung der Landwirtschaft, die Erfindung des Rades, des Buchdrucks oder der Dampfmaschine. Die globale #OccupyEverywhere Bewegung zu sehen, welche sich mithilfe des Internets gefunden und organisiert hat, bestätigte mir dies nun nochmals. Und ich freue mich darüber.

Vielleicht gibt es schönere Zeiten – aber diese ist die unsere. (Sartre)

Lasst sie uns nutzen.

Ein Gespenst geht um in Deutschland – das Gespenst der Erkenntnis.

In der vergangenen Woche haben mehrere konservative Vordenker und Kolumnisten wie Frank Schirrmacher und Michael Spreng offen Kritik und Zweifel am neo-liberalen Kurs unseres Wirtschafts- und Gesellschatsordnung geäußert. Findet ein Umdenken in wertkonservativen Kreisen statt?

Es geht ein Gespenst um in konservativen Kreisen. In den vergangenen Tagen haben viele große und einflussreise konservative Denker und Lenker unabhängig voneinander offen Kritik und Zweifel am Model des freien, entfesselten Marktes gehegt. So stellt Charles Moore, offizieller Biograph von Margaret Thatcher und jahrelanger Chefredakteur verschiedener konservativer Zeitungen, die Frage ob die Linke wohlmöglich all die Jahre recht hatte.

Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, einer konservativen Tageszeitung, greift diese Frage auf und kritisiert zusätzlich mit welcher Apathie die Politik diesem Treiben der “gierigen Wenigen” (Moore) zusieht.

Michael Spreng, ehemaliger Chefredakteur von Bild und Bild am Sonntag, geht sogar noch einen Schritt weiter und warnt “Dann werden ‘Die Empörten’ vor jedem Regierungssitz stehen und nicht nur in London die Straßen brennen. Es ist 5 Sekunden vor zwölf.”

“Die Empörten”, so nennen sich die seit Monaten in Spanien Protestierenden in Anlehnung an die Streitschrift “Empört Euch!” von Stéphane Hessel. Es ist eine Streitschrift für soziale Gerechtigkeit und gegen den ungezügelten Finanzkapitalismus. Hessel schreibt dort: “Neues schaffen heißt, Widerstand leisten. Widerstand leisten heißt, Neues schaffen.”

Auf den NachDenkSeiten, die auch Schirrmacher in seinem Artikel erwähnt, erinnert Albrecht Müller daran: “Das Grundgesetz gibt sogar das Recht zum Widerstand, wenn die Grundrechte bedroht sind, auch wenn die Sozialstaatlichkeit bedroht ist”.

Ob wertkonservative Kreise in Anbetracht der politischen und wirtschaftlichen Lage tatsächlich ihre Weltsicht ändern, weiß ich nicht. Aber, was ich weiß ist:

Es ist Zeit zum Umdenken.
Es ist Zeit für Erneuerung.
Es ist Zeit für Widerstand.

Abgekochte Bildungspolitik

Gestern Abend gegen 19 Uhr lies die Hochschulleitung der Goethe Universität Frankfurt das seit Montag Abend im Rahmen der #unibrennt Proteste besetzte Casino am IG-Farben Campus unter Anwendung von Gewalt räumen. Die Webseite des Aktionsbündnis “bildungsstreik:frankfurt” berichtet von mehreren Verletzten Studenten.
Andere (öffentlich rechtliche) Quellen berichten von einem eher glimpflichen Verlauf.
Die Frankfurter Rundschau hat eine Fotostrecke mit rund 30 Aufnahmen von kurz vor und während der Räumung.
Zur Räumung entschloss sich die Hochschulleitung angeblich weil es im Rahmen der Besetzung zu Sachbeschädigungen an Universitätseigentum kam. Die Sachbeschädigungen belaufen sich laut Schätzungen der Hochschulleitung auf mehrere hunderttausend Euro. Aus mehreren anderen #unibrennt Städten kamen über Twitter Solidaritätsbekundungen und in Marburg wurde sogar spontan eine Demonstration auf die Beine gestellt.
Für heute ist wohl eine Versammlung im Café KoZ geplant. Wer auf dem laufendem bleiben möchte sollte dem offiziellen Twitter Account vom Bildungsstreik Frankfurt/Main (@BSFFM) folgen; die Hashtags sind #ffmbrennt und #bsffm.